Leibniz – Universalgenie

Bitte beachten! Diese Seite setzt die spannende Biographie des Universalgenies Leibniz‘ in einen gesamthistorischen Zusammenhang. Zu einzelnen Themen gibt es kurze #Exkurse, die spielerisch zu einer Beschäftigung mit dem Thema anregen sollen. Viele Links ermöglichen ausserdem ein schnelles Springen zu interessanten weiterführenden Seiten, teils auf Wikipedia, teils auf anderen Seiten. Links zu Videos wie bei den DetektivInnen folgen zeitnah.
Darüberhinaus exitiert eine Unterseite zu den Auswirkungen von Leibniz auf Kunst und Kunstgeschichte, mit Links zu verschiedenen durch Leibniz inspirierten Kunstprojekten, die sich direkt oder indirekt mit Leibniz Leben oder seinem Werk auseinandersetzen. Eine weitere Seite fokussiert auf Leibniz‘ wissenschaftlichen Leistungen in verschiedensten Disziplinen. Viel Spass beim Stöbern 🙂

Kurz & Knackig

Gottfried Wilhelm Leibniz (* 1646 in Leipzig; † 1716 in Hannover) gilt als einer der innovativsten Universalgelehrten seiner Epoche. Leibniz hat durch seine Kompetenzen als Mathematiker, Philosoph, Jurist und politischer Berater mehrerer deutscher Fürstenhäuser die Entwicklung Europas während der frühen Aufklärung vorangetrieben. Im Barock am Ende des 30-jährigen Krieges (1618-48) geboren, gehört er zu den grossen intellektuellen Innovatoren seiner Zeit, die als treibende Kräfte die Aufklärung bzw das „Age of Enlightenment“ prägen.
Heutzutage ist Leibniz vor allem als der geistige Vater der Digitalisierung weltweit bekannt und spürbar. Mit der Erfindung bzw Entdeckung des Binärsystems, in dem alle Zahlen nur durch 0 und 1 dargestellt werden, wurde er zum Auslöser für unsere heutige, von Computern beherrschten Lebensrealität. Er verstarb 3 Monate nach seinem 70sten Geburtstag vereinsamt in der Hauptstadt des Königreichs Hannover, das ihm so viel zu verdanken hatte.

Lob der Kreativität

Mit seinem Ideal der Automatisierung stumpfsinniger Arbeiten war Beibniz ein Wegbereiter einer gesellschaftlichen Utopie, in der Maschinen im Dienste der Menschheit stehen. Routinen, die keinen schöpferischen Einfall nötig hatten, sollte vom kreativ arbeitenden Menschen weg an mechanische arbeitende Maschinen delegiert werden:
Es ist unwürdig, die Zeit von hervorragenden Leuten mit knechtischen Rechenarbeiten zu verschwenden, weil bei Einsatz einer Maschine auch der Einfältigste die Ergebnisse sicher hinschreiben kann.
Die kreativen Fähigkeiten des Menschen sollten stattdessen für Innovationen genutzt werden. Damit könnte Leibniz auch als einer der geistigen Väter des heutzutage möglichen Bedingungslosen Grundeinkommens gelten.

Innovation und Transferdenken

Leibniz war in vielerlei Disziplinen tätig und ein Meister des Transferdenkens. Getrieben druch dei eigene Neugier oder durch Aufträge und Anliegen seiner Dienstherren, eignete er sich Wissen in erstaunlicher Geschwindigkeit an. Diese Prinzipien liegen auch meinen „DetekivInnen und EndeckerInnen“ zugrunde, einer seit 2020 entstandenen Reihe vo Online-Angeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Zu seinen vielen Forschungsergebnissen zählen :

Technik

  • Pläne für ein Unterseeboot
  • Verbesserung der Technik von Türschlössern
  • Gerät zur Bestimmung der Windgeschwindigkeit
  • Erfindung der Staffelwalze als Bauteil für seine mechanische Rechenmaschine
  • Entwicklung der Endloskette zur Erzförderung im Bergbau

Sozialwissenschaften

  • Rat an Ärzte zur regelmäßigen Fiebermessung
  • Gründung einer Witwen– und Waisenkasse
  • Beweis für das Unbewusste des Menschen

Mathematik

Lust auf mehr Details?! Dann geht zur Seite mit Leibniz‘ wissenschaftlichen Leistungen in verschiedensten Disziplinen. 🙂

Linguistik

Leibniz erkannte sehr früh die Beschränkungen von Sprache als objektives Beschreibungswerkzeug der Realität. Seine Bemühungen um eine neutrale deskriptive Sprache machen ihn somit auch zu einem der wesentlichen Initiatoren zur Begründung der modernen Sprachwissenschaft.

#Exkurs – Sprache als Herrschaftsmittel

Wie damals in Deutschland immer noch üblich, wurden wissenschaftliche Werke in lateinischer Sprache verfasst und publiziert. In Frankreich hatte sich hingegen seit der Gründung der Académie française 1635 unter Ludwig XIII. auf Betreiben des französischen Ministers und Kardinals Richelieu Publikationen auf Französisch durchgesetzt. Durch die Vorbildfunktion des französischen Hofs auch unter dem „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. entwickelte sich Französisch immer stärker zur gleichberechtigten Sprache der gebildeten Schichten und löste Latein schliesslich ab. Die Académie française ist als französische Gelehrtengesellschaft mit Sitz in Paris zählt zu den ältesten und prestigereichsten Institutionen im geistigen Leben Frankreichs.
(Mehr zur Geschichte der Wissenschaftsakademien findet sich am Ende dieser Seite.)
Ihre 40 auf Lebenszeit berufene Mitglieder werden die „Unsterblichen“ genannt. Ihre Aufgabe war die „Vereinheitlichung und Pflege der französischen Sprache“, ein Vorgang der in Deutschland erst 70 Jahre später begann und letztendlich mit der Entwicklung der Linguistik als eigene Wissenschaftsdisziplin gipfelte.

Heutzutage hat Englisch die Funktion sowohl der internationalen Wissenschaftssprache als auch der Lingua Franca im Alltag. Gerade für junge EuropäerInnen ist es sinnvoll, sich auch mit asiatischen Sprachen auseinanderzusetzen. Vor allem Chinesisch dient in vielen Teilen Asiens als gemeinsame Basis.

Wissensmanagement als Passion

Wie bis zum mittleren 19. Jahrhundert üblich, entstand weder die Sammlung alten noch die Entdeckung neuen Wissens als Grundlage für technische, machtpolitische und damit gesellschaftliche Innovation noch nicht an den mittlerweile weit verbreiteten Universitäten, die eher der Ausbildung des gehobenen Beamtenapparats gewidmet waren.
Intellektuelle Zentren waren stattdessen Gelehrtenzirkel, die sich rund um Fürstenhöfe etabliert hatten. Viele der Gelehrten standen bei ihren Landesherren unter Vertrag, wobei über ihre offiziellen Bezeichnungen quasi sehr personalisierte ThinkTanks der Herrscher waren.
Leibniz war beispielsweise über 25 Jahre Bibliothekar des hannoverschen Königshauses.

Veröffentlichungen in Buchform waren zeitaufwändig und in Anbetracht der damaligen geringen Leserschaft auch ökonomisch oft riskant. Daher bestanden zwischen vielen Experten europaweite Korrespondenznetzwerke, in denen innovative Ideen , sehr intensive miteinander diskutiert wurden.
So kommt es, dass viele Konzepte, die erst Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte später der Öffentlichkeit, aber auch Fachleuten bekannt wurden, schon in diesen privaten Briefen enthalten sind. BEISPIEL GEBEN

Leibniz Briefe als Wissenspeicher

Allein aus der Zeit zwischen 1663 und 1716 sind über 20.000 Briefe an Leibniz überliefert, die er von rund 1.100 Korrespondenten aus 16 Ländern erhalten hat. Im Leibniz-Archiv in Hannover sind rund 15.000 dieser Briefe dokumentiert. Zu Leibniz’ Korrespondenten zählten u.a.

Die einzige Frau, mit der Leibniz einen intensiven Briefwechsel unterhielt, war die 22 Jahre jüngere Sophie Charlotte Herzogin von Braunschweig und Lüneburg (inoffiziell „Prinzessin von Hannover“), die einzige Tochter von Sophie von der Pfalz und Ernst August von Braunschweig-Lüneburg, dem späteren ersten Kurfürsten von Hannover. 1684 heiratete sie den Kurprinzen Friedrich von Brandenburg, der ab 1688 als Kurfürst Friedrich III. regierte und sich 1701 zum König in Preußen krönte. Ihr Sohn ist der spätere „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I., ihr Enkel Friedrich II. Sie galt als hochgebildet und pflegte wie ihre Mutter eine enge Freundschaft mit Leibniz.

Jugend, Schul- und Universitätszeit

Leibniz wurde nach heutiger Zeitrechnung am 1. Juli 1646 in Leipzig in eine Intellektuellenfamilie hinein geboren. Leibniz Vater war der aus dem Erzgebirge stammende Jurist, Notar und Professor für Ethik, seine Mutter Catharina die Tochter des Leipziger Professors und Rechtswissenschaftlers Wilhelm Schmuck.
Seine Mutter starb kurz nach seiner Geburt, der Vater heiratete wie damals üblich schnell wieder. Diese Ehe mit der Tochter eines Buchhändlers endete durch den Tod des Vaters, als Leibniz 6 Jahre alt war.
Obwohl Leibniz von von 1655- 1661 die Nikolaischule in Leipzig besuchte ist er ein klassischer Autodidakt. Er hatte das Glück, seine Neugier in einem Äquivalent zum heute durch Wikipedia oder andere Wissensquellen verfügbaren Weltwissen leicht befriedigen zu können. Denn genau dies war die aus dem gesammelten Nachlass des Vaters und dessen beider Schwiegerväter entstandene umfangreiche und vielfältige Bibliothek: ein luxuriöser Wissensspeicher, der den Grundstein für Leibniz Bildung darstellte.

#Exkurs – Zugang zu Bildung als Privileg / Autodidaktik

Während Leibniz’ Lebens veränderte sich der privilegierte Zugang zu Bildung in Folge der Aufklärung. So stammte der Mathematiker Carl Friedrich Gauss, der 2 Jahre vor Leibniz Tod geboren aus ärmlichen Verhältnissen. Seine Talente wurden durch Zufall entdeckt, aber dank Unterstützung durch seinen Lehrer und Stipendien durch das hannoversche Königshaus weiterentwickelt.

Leibniz brachte sich als 8-jähriger in dieser Bibliothek autodidaktisch die lateinische und die griechische Sprache bei. Als Zwölfjähriger entwickelte er beim Durchdenken logischer Fragestellungen die Anfänge einer mathematischen Zeichensprache. Mit 15 immatrikulierte er sich 1661 an der Leipziger Universität, zunächst wie damals durchaus üblich für Philosophie und Religion. Der zeitlebens in Leipzig wirkende Philosophietheoretiker Jakob Thomasius, Humanist und Aristoteliker war dort sein Professor. Thomasius war damals einer der wichtigsten Köpfe des intellektuellen Leipzig. Im Laufe seines Lebens war er Rektor der Nikolaischule, der Thomasschule und der Universität Leipzig.
1663 wechselte Leibniz an die Universität von Jena, um dort in die damals übliche Kombination von Mathematik, Physik und Astronomie bei Erhard Weigel einzutauchen. Die Entdeckung der Gesetzmässigkeiten des Kosmos standen im Fokus vieler damaliger Wissenschaftler, was durch die deutlich verbesserten Forschungsinstrumente wie Teleskope, Winkelmesser & grosse Astrobalien möglich war. Grundlage hierfür waren wiederum die Erkenntnisse der Optik und die verbesserten Techniken der Linsenschleifer.

Erste Veröffentlichungen

Leibniz war ein schneller 1666, noch im Alter von 19 Jahren, veröffentlichte Leibniz sein erstes Buch De Arte Combinatoria[4] (Über die Kunst der Kombinatorik).
Mit dem ersten Teil dieses Buches Disputatio arithmetica de complexionibus wurde er im März des Jahres von seinen beiden Professoren Thomasius und Weigel in Philosophie promoviert. Im selben Jahr wollte sich Leibniz auch noch zum Doktor der Rechte promovieren lassen, doch die Leipziger Professoren lehnten ihn als zu jung ab.
Also wechselte Leibniz ganz pragmatisch ins nicht allzu weit entfernte Nürnberg. An der dortigen Universität Altdorf, wurde er binnen kurzem promoviert.

#Exkurs – Die Altdorfina oder Academia norica

Die Universität Altdorf ist der Vorläufer der heutigen FAU, der Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Sie wurde im Vorort Altdorf 1575 als Akademie eingeweiht 1622 zur Universität erhoben und war bis 1809 die Hochschule der Reichsstadt Nürnberg. am Am 24. September 1809 wurde sie, wie zuvor schon 1803 die Universität Dillingen vom bayerischen König Maximilian I. aufgelöst., weil die finanziellen Mittel für eine Fortführung des Lehrbetriebs fehlten. Die Bestände der Bibliothek mitsamt den Bücherschränken gelangten in die Universitätsbibliothek Erlangen.

In Altdorf stand Leibniz vorübergehend in Verbindung zu einer dortigen alchimistischen Geheimgesellschaft, deren Experimente er jedoch schon bald verspottete. Nach Leibniz’s eigener Darstellung bot ihm die Altdorfer Universität nach der Promotion eine Professur an, die Leibniz jedoch ablehnte.

Erste Anstellung in Mainz  1666 – 1672

Stattdessen trat Leibniz von 1966 bis 1672 als Jurist in den Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn. Während seiner Mainzer Zeit lebte er im Boyneburger Hof, als Gast des kurmainzischen Oberhofmarschalls Johann Christian von Boyneburg.
Dieser hatte Leibniz eine Stelle als Mitarbeiter des Hofrats Hermann Andreas Lasser verschafft, mit dem zusammen Leibniz im Auftrag des Kurfürsten an einer Reform des römischen Rechts arbeitete. Das daraus resultierende Werk Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae („Eine neue Methode, die Jurisprudenz zu lernen und zu lehren“) sorgte für neue Impulse in den juristischen Fachkreisen.

Im Jahre 1670 stieg Leibniz trotz seiner lutherischen Konfession zum Rat am kurfürstlichen Oberrevisionsgericht auf.1671 erschienen zudem zwei Traktate zur Physik.

Leibniz in Paris und London 1672 – 1676

1672 reiste Leibniz auf eigenen Wunsch nach Paris, wo er als Hofmeister – die damalige Bezeichnung für Privatlehrer – für Boyneburgs jungen Sohn arbeitete. In Paris wollte er Ludwig XIV einen Plan für einen Eroberungsfeldzug gegen Ägypten unterbreiten, um ihn von den geplanten Eroberungskriegen in Europa abzubringen.
Die genauen Gründe, weswegen dies nicht geschah, sind nicht ganz geklärt. Der selbstbewusste Leibniz hat den Plan letztendlich nie übergeben. Über einhundert Jahre später jedoch setzte Napoleon Bonaparte ihn in der Ägyptischen Expedition um.

1672/73 vollendete Leibniz ausserdem die Arbeiten an seiner berühmten Rechenmaschine mit Staffelwalze für die vier Grundrechenarten. In London führte er diese vor der Royal Society, der 1660 gegründeten ersten offiziellen Gelehrtengesellschaft der Neuzeit vor. Leibniz wurde als auswärtiges Mitglied anerkannt.

1675 wurde war er auch Mitglied der 1666 gegründeten Académie des sciences in Paris.

#Exkurs – Wissenschaftsakademien und Fachzeitschriften – Nerdparadiese

„Nichts ist machtvoller, als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Die frühe Aufklärung schrie förmlich nach der Gründung von „Nerdpools“. Dieses fälschlicherweise Victor Hugo zugeschriebene Zitat trifft den Punkt daher genau. England und Frankreich als konkurrenzierende zentralistische Staaten wetteiferten auch hier miteinander, gut 30 Jahre bevor andere europäische Länder diese Ideen übernahmen. Allerdings dauerte es in Frankreich deutlich länger mit der Anerkennung durch den König.

Die englische Royal Society wurde als erste nationale Akademie der Wissenschaften das Vorbild für alle weiteren Gründungen im Bereich der Naturwissenschaften. Die Bezeichnung Royal Society erschien erstmals 1661 in gedruckter Form und am 15. Juli 1662 gewährte Karl II. der Gesellschaft eine erste Royal Charter.
Motto der Royal Society ist „Nullius in Verba“, das sich mit „nach niemandes Worten“ übersetzen lässt. Es steht für den erklärten Willen der Gesellschaft, eine nur experimentell bewiesene Wissenschaft zu begründen, die sich nicht damit begnügt, Autoritäten zu zitieren. Obwohl es heute selbstverständlich scheint, war dies zum Gründungszeitpunkt ein deutlicher Bruch mit der bis dahin vorherrschenden Wissenschaftsphilosophie.
Seit 1665 wird das Journal Philosophical Transactions, auch als Phil.Trans. bekannt, herausgegeben. Die Bezeichnung philosophical ist auf den ersten Blick verwirrend: sie ist von natural philosophy, dem damals gebräuchlichen Ausdruck für die Naturwissenschaften abgeleitet.
Die Phil.Trans. ist die älteste englischsprachige und – nach dem ebenfalls immer noch erscheinenden französischen Journal des sçavans – die zweitälteste Fachzeitschrift der Welt. Allerdings war der Vorsprung, den Denis de Sallo als Herausgeber und Gründer  des Journal hatte, äusserst knapp: am 5. Januar 1665 publizierte er die erste Ausgabe mit 12 Seiten, die Engländer zwei Monate später am 6. März 1665.

Während die Engländer erst gründeten und ann veröffentlichten war es in Frankreich umgekehrt. Die französische Académie des Sciences verdankt ihr Entstehen dem Plan Jean-Baptiste Colberts, eine der Royal Society ähnliche Einrichtung in Frankreich zu schaffen.
Die Mitglieder der Académie entstammten verschiedenen Wissenschaftszirkeln, die sich im 17. Jahrhundert entweder um einen Mäzen oder einen Gelehrten scharten. Als Initiator solcher Zirkel gilt der französische Theologe, Mathematiker und Musiktheoretiker Marin Mersenne, Colbert wählte eine kleine Gruppe aus, die sich am 22. Dezember 1666 in der Bibliothek des Königs versammelte. Diese war erst kürzlich neu in der Rue Vivienne eingerichtet worden. Die ersten 30 Jahre der Existenz der Akademie waren relativ informell, da sich die Mitglieder zwar alle zwei Wochen zum Austausch traf, sich aber kein Statut gegeben hatten.
Erst am 20. Januar 1699 gab Ludwig XIV. der Gesellschaft ihr erstes Reglement.
Die Akademie erhielt den Titel einer Académie royale und wurde im Stadtpalast der französischen Könige, dem Louvre angesiedelt. Der Hofstaat konzentrierte sich hingegen in Versailles. Aus 70 Mitgliedern bestehend trug sie im 18. Jahrhundert mit ihren Veröffentlichungen zur Entwicklung des Wissens: Zu den bedeutenden Arbeiten gehörte beispielsweise die Erdmessung, für welche die Akademie in den Jahren von 1735 bis 1740 zwei große Expeditionen nach Peru und Lappland ausrüstete.
Die Mitglieder der Royal Society werden als Fellow of the Royal Society (kurz FRS oder F.R.S.) bezeichnet. Die Royal Society verleiht zudem wissenschaftliche Auszeichnungen, insbesondere die Copley-Medaille, die Royal Medal sowie Medaillen, die bestimmten Fachbereichen gewidmet sind.

Mit ihrer Nähe zur Macht spielen Wissenschaftsakademien auf der ganzen Welt natürlich auch stets eine politische Rolle.

Leibniz in Hannover 1676 – 1716

Immer mehr Landesfürsten quer durch Europa begriffen, dass die beschleunigte Entwicklung der Naturwissenschaften auch politische Folgen haben würde. Heute würde man das als den „War for talents“ bezeichnen. Die Attraktivität eines Hofes hing so wie heute auch von den Angeboten für die „kreative Klasse“ ab.
So hatte sich seit 1668 der welfische Herzog Johann Friedrich bemüht, Leibniz als Bibliothekar an seine Residenzstadt Hannover zu berufen.

#Exkurs – Bibliothekare

Bibliothekare entsprachen damals keineswegs der heute in vielen Köpfen verbreiteten Angestellten in öffentlichen Büchereien. Ganz im Gegenteil. Bibliothekare stellten als „Wissensmanager“ das Mensch gewordene Pendant zu Suchanfragen im Internet dar! Ihre Aufgabe war die Erfassung und sinnvolle Verwaltung des gesamten, innerhalb einer Bibliothek gespeicherten Wissens. Sie waren für die Zuordnung von Werken in Wissensgebiete ebenso verantwortlich wie für die Verschlagwortung in Katalogen und den schnellen Zugriff auf dieses Wissen zuständig.

Nach mehreren Absagen sagte Leibniz, der sich damals in einem finanziellen Engpass befand, dem Herzog schließlich im Jahr 1676 zu.
Auf der – sehr ausgedehnten – Rückreise aus Paris besuchte er seinen Freund Henry Oldenburg in London und seinen philosophischen Lieblingsfeind Spinoza in Den Haag.

In Hannover wurde Leibniz rund zwei Jahre später auch zum Hofrat ernannt. Mit Kurfürstin Sophie von der Pfalz stand er dort in regem Gedankenaustausch. Neben seiner Arbeit als Bibliothekar hatte er eine Vielzahl von Aufgaben:

Leibniz und der Bergbau 1682 – 86

1682–1686 beschäftigte sich Leibniz mit der Modernisierung der Bergwerke im Oberharz. Er hielt sich hierfür häufig in Clausthal, dem damaligen Zentrum des Silberbergbaus im hannoverschen Staatsgebiet auf. Er entwarf u.a. spezielle Windmühlen als Energielieferanten, um eine umfangreiche Bewässerung der Bergwerke zu gewährleisten. Bei der Umsetzung seiner Pläne wurde er immer wieder mit technischen Problemen konfrontiert. Er scheiterte aber letztlich auch an dem starken Widerstand der Bergleute vor Ort, die die Modernisierungsvorschläge in einer Mischung aus Neophobie, Traditionsbewusstsein und der Angst um den Verlust ihrer Arbeitsplätze strikt ablehnten.


Der Oberharzer Bergbaus stand damals in Konkurrenz zu den sächsischen Silberminen im Erzgebirge, diente aber auch dem Abbau von Blei, Kupfer und zuletzt auch Zink.
Besonders vom Silberbergbau gingen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert ein großer Reichtum und bedeutende technische Erfindungen aus. Mittelpunkt dieses Bergbaus waren die sieben Oberharzer Bergstädte Clausthal, Zellerfeld (nach Zusammenschluss 1924 Clausthal-Zellerfeld), Sankt Andreasberg, Wildemann, Grund, Lautenthal und Altenau.

Diplomatischer Dienst ab 1685

Ab 1685 reiste Leibniz im Auftrag des Welfenhauses auch immer wieder durch Europa, offiziell um eine Geschichte der Welfen zu schreiben. Dieses Projekt schloss er aber bis zu seinem Lebensende nicht ab. Indirekt dienten seine Reisen auch der Stärkung seiner Netzwerke. So war er an politischen Erfolgen der Hannoveraner Welfen durch juristische Gutachten beteiligt. Hier sind vor allem die Erhebung in den Kurfürstenstand 1692 und den Gewinn der britischen Königskrone 1714 zu nennen.

1698, nachdem der hannoversche Kurfürst das Stadthaus angemietet hatte, um dort die Hofbibliothek und seinen Bibliothekar, Berater und Ahnenforscher unterzubringen, zog auch Leibniz dort ein. Bald darauf liess er für Jahre seinen Schüler und Sekretär, den späteren Gelehrten Rafael Levi, ebenfalls wohnen. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Leibnizhaus zerstört und 1983 an anderer Stelle mit rekonstruierter Fassade neu gebaut.
Heute dient es der nnch Leibniz benannten Universität Hannover als Gäste- und Veranstaltungshaus.

Netzwerke und verpasste Karrierechancen

Leibniz stand in engem Kontakt zu anderen Fürsten und bemühte sich auch immer weider um bezahlte Anstellung.en Unter Ernst August wurde Leibniz 1691 auch Bibliothekar der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Der habsburgische Kaiser Leopold I. trug Leibniz seine Pläne für eine Münzreform, zum Geld-, Handels- und Manufakturwesen, zur Finanzierung der Türkenkriege, zum Aufbau eines Reichsarchives und vieles andere vor. Doch es wurde ihm nur wohlwollende Aufmerksamkeit zuteil. 1713 verlieh ihm der Kaiser den Titel eines Reichshofrats mit einer kleinen Pension.

Leibniz Bemühungen um den Posten eines Kanzlers von Siebenbürgen, damals Teil des habsburgischen Imperiums, scheiterten.
Die ihm angebotene Bibliothekarsstelle im Vatikan musste Leibniz ebenso ausschlagen wie die eines Kanzlers im Hochstift Hildesheim: Diese Stellen hätten seine Konversion zum Katholizismus verlangt.
Als Leibnizens Dienstherr Herzog Georg Ludwig König von Großbritannien wurde, schlug er Leibniz den Wunsch ab, ihn an seinen neuen Hof in London begleiten zu dürfen: Leibniz blieb bis an sein Lebensende in Hannover.

Akademien der Wissenschaften im deutschen Sprachraum

Erfolgreicher waren seine Verbindungen zum brandenburgisch-preußischen Hof, wo Leibniz oft zu Gast war: Mit Königin Sophie Charlotte, Tochter seines ersten und Schwester seines zweiten Hannoveraner Dienstherrn, pflegte Leibniz einen engen intellektuellen Austausch. Mit ihrer Unterstützung konnte 1700 in Berlin eine Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften, heute die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften nach englischem und französischem Vorbild gegründet werden; Leibniz wurde ihr erster Präsident.
Überzeugt von dem Konzept solcher Akademien führte er 1704 in Dresden und 1713 in Wien Verhandlungen über die Gründung einer sächsischen bzw. kaiserlichen Akademie. Allerdings erfolglos: die Österreichische Akademie der Wissenschaften wurde erst 1847 in Wien gegründet, die Sächsische ein Jahr zuvor in Leipzig. Auch Zar Peter dem Großen schlug er die Gründung einer Russischen Akademie der Wissenschaften vor, die dieser 1724 in St. Petersburg gründete.