Game Over, Petruschka

Game Over, Petruschka – getanzte Virtual Reality

„Game Over, Petruschka“ entstand 2004 als Auftragsproduktion des Theaters Würzburg mit dem Ziel, verstärkt studentisches und jugendliches Publikum ins Theater zu locken. Der Abend, der auf der grossen Bühne und mit grossem Orchester stattfand, spannte einen musikalischen Bogen quer durch das 20.te Jahrhundert und bot nicht nur für die Erstbesucher eine ausgezeichnete Brücke zur Arbeit der Ballettcompagnie und des Orchesters.

Musikalische Auszüge aus den damals bahnbrechenden Werken der umfangreichen Ballettliteratur Igos Strawinskys wurde in einen für Jugendliche nachvollziehbaren Kontext eingebettet: die perfektionierte Zukunft von Computerspielen als Holodeck mit realitätsidentischer  Performance.
Einzelne Spieler aus der Gruppe tauchten nacheinander in verschiedene Virtual Reality Spiele ein, übernehmen verschiedene Rollen und gelangen so innerhalb ihrer Spiele von einem Schwierigkeitslevel zum nächsthöheren. Zahlreiche Werke Strawinskys wurden nur in Ausschnitten angespeilt, im zweiten Akt tauchten die Spieler dann gänzlich in die Welt von „Petruschka“, dem tragischen Kasper der russischen Folklore ein.

Die drei originalen Rollen der Puppen bei Petruschka (Petruschka selbst, seine angebetete Ballerina und der eifersüchtige Mohr) sowie die Rolle des allmächtigen Besitzers der Puppentheaters, des Zauberers, wurden so in Ihrem Grundsatz beibehalten und adäquat transformiert.

Strawinski meets Bowie meets Glass

Igor Strawinski, als einen wichtigen Neuerer der Musik des 20. Jh. und gleichzeitig einen grossen Ballettkomponisten. Philipp Glass, als herausragenden Vertreter der Minimalmusic, dessen Werk neben seinen grossen Opern auch zahlreiche Ballettmusiken umfasst und nicht zuletzt  David Bowie als überaus wandlungsfähigen Vertreter des klassischen Glamour-Rock. Ähnlich wie Madonna hat sich Bowie im Laufe seiner Karriere immer wieder neu erfunden, ist in Rollen geschlüpft ist, und hat über 40 Jahre hinweg zu den ganz Grossen der Popmusik gehört. Diese Kombination sollte sowohl die Jugend als auch das Abonnentenpublikum ansprechen und zufriedenstellen.

Ausstattung

Um die Ästhetik des Holodecks einzufangen, entwicklete Gunter Bahnmüller im ansonsten leeren Bühnenraum vier rollbare, 5 m hohe multifunktionale Türme als architektonische Skulpturen. Die intensive Nutzung der Drehbühne und der getrennt steuerbaren Podien erlaube blitzschnelle, offene Verwandlungen, die ästhetisch und technisch faszinierten. Teilweise als „Swimmingpool“ versenkt, teilweise mit den 4 Türmen besetzt, wurde so eine Vielzahl „virtueller“ Räume und illusionistischer Effekte möglich.

Die Türme verfügten über jeweils das Grundmass einer halben Podienfläche abzüglich eines Sicherheitsabstandes. Sie konnten beklettert und „betanzt“ werden und waren die einzigen realen Architekturenelemente auf der Bühne.

Musikalische Ebenen

Aus den Werken von drei unterschiedlichen Komponisten entstanden die musikalische Ebenen: Musik des Minimalisten Philipp Glass bildete die Ebene der „realen“ Zeit , aus der heraus in die einzelnen Episoden eingetaucht wird. Die verwendeten Teile seiner „Heroes“ Symphony, die wiederum auf Motiven von David Bowie basiert, beitet die Verzahnung mit der Ebene des Zauberers, des geheimsnisvollen besitzers der Spielhölle.

Die Musik für die einzelnen Spielebenen stammen von Igor Strawinski: neben dem titelgebenden „Petruschka“  erklangen Ausschnitte aus Dumbarton Oaks, Apollon Musagete, Agon, Feuervogel und Sacre.

Zusatzballett

Da die Ballettcompanie in Würzburg zum damaligen Zeitpunkt nur aus 12 Tänzer*innen bestand, wurden in einem grossen Casting Doubles gesucht, die immr wieder die Spieler vor den Monitoren darstellten, während die Tanzer*innen der Companie in den Videospielen agierten.

 

Regie und Choreografie: Thorsten Kreissig

Bühnenbild und Kostüme: Gunter Bahnmüller

Premiere am Do 19. Februar 2004. Grosses Haus.